Bruckner Privatuniversität
Zurück zur Projektliste- Standort
- Hagenstraße, 4040 Linz, Österreich
- Jahr
- 2008
- Bauherrschaft
- Land Oberösterreich
- Landschaftsplaner
- 3:0 Landschaftsarchitektur Gachowetz – Luger – Zimmermann OEG, Wien
- Statik
- Bollinger – Grohmann – Schneider Ziviltechniker GmbH, Wien
- Bauphysik
- rosenfelder & höfler consulting engineers GmbH & Co KG, techn. Büro für physik – bauphysik, Graz
- Haustechnik
- DieHaustechniker, Technisches Büro GmbH, Jennersdorf
Haus der Schwingungen und vernetzter Strukturen
Haus in der Lichtung des Waldes
Entwurfsstrategie
Einerseits ein umfangreiches Programm hochanspruchsvoller Einzelräume – andererseits ein hochromantischer Bauplatz, umschlossen von dichtem Wald. Die Waldteile im Norden wie im Süden sowie zu erhaltende Baumgruppen engen den Bauplatz auf ein Minimum – eine minimale Waldlichtung – ein. Das Programm ergibt eine maximale Länge von dreigeschossig, entlang von Galerien aufgereihten Räumen. Dieses – fiktive – maximal lange Gebäude wird derart gefaltet, dass es in die minimale Waldlichtung passt und diese optimal füllen kann. Bei diesem pragmatischen – und scheinbar banalen – Prozess entsteht jedoch eine Reihe das Projekt prägender und einzigartiger Eigenschaften:
- ein kompaktes Gebäude mit minimaler Hüll- oder Fassadenfläche
- ein hallenartiger, gemeinschaftsbildender Innenraum in sich stetig verändernder Raumtiefe, welche Abwechslungsreichtum und Raumzonierungen schafft
- vielfältige Beziehungen und Verbindungen zwischen den einzelnen Unterrichtsräumen der einzelnen Abteilungen
- Differenzierung nach belichteten Unterrichtsräumen und unbelichteten Nebenräumen, ohne die Kontinuität der Gebäudefaltung zu verlassen
- organische Ausformulierung eines auf den Blick zum Pöstlingberg gerichteten Gebäudeeinschnitts
Im Zuge der bei der Faltung entstehenden Verbindungen entwickelt sich ein diese interpretierendes Raumgerippe, das für die statische Konstruktion, die Erschließung und die besondere Identität der Musikuniversität – mit seinen gleichsam musikalischen Schwingungen – sorgt. Ein komplexes Innenleben bei kompakter äußerer Erscheinung lässt auch die Assoziation der Bauweise mancher Musikinstrumente zu.
Dieses Gerippe – man kann es auch Netz- oder Flechtwerk nennen – bleibt jedoch kein Solitär. Wo es den Boden berührt, läuft es über die öffentlichen Foyer- und Erschließungsflächen nach außen und bildet in weiterer Folge ein Netzwerk von Wegen, welches sich durch den Landschaftspark des Waldes zieht. Auch hier knüpfen diese Elemente an überraschend aufbrechende Freiräume (Waldlichtungen) an, die das Wechselspiel von Kompaktheit und Offenheit zum Vorschein bringen. In transformiertem Sinne könnte unter diesem Aspekt auch der Innenraum des Objektes als Teil des übergeordneten Netzwerkes von Lichtungen zu verstehen sein.
Die Fassade ist in ihrer Gesamtfläche und in ihrem Fensteranteil minimiert, um beste Voraussetzungen für den erreichten Passivhausstandard zu schaffen. Sich vertikal erstreckende, jedoch unregelmäßige Fensterschlitze reflektieren die unterschiedlichen, sich dahinter befindlichen Räumlichkeiten einerseits und deren unterschiedlichen minimalen Tageslichtbedarf andererseits. Daraus entsteht eine rhythmische Komposition, die durch die Verwendung dunkler, farblich abgestufter, emaillierter Fassadenelemente als Schutzhaut subtil erfahren wird. Gleichzeitig entsteht ein Effekt der Tiefe und Reflexion, der an den schwarzen Schleiflack mancher Musikinstrumente erinnert.
Grundsätzlich sei im Allgemeinen nochmals auf den Ansatz dieses Entwurfes hingewiesen:
Ein aufgrund von Vorgaben (Grundstückszuschnitt, Bauphysik,…) äußerlich kompakter aber doch charaktervoller Baukörper überrascht mit einem vielschichtigen, erlebnisreichen Innenraum.
Erschließung
Die Anbindung des Objektes erfolgt von verschiedenen Seiten aus dem Kontext des Ortes. Direkt von der Haltestelle der Pöstlingbergbahn bzw. der geplanten Bushaltestelle kommend, betritt man das Areal der Anton-Bruckner-Privatuniversität über eine Allee, die den Besucher zu einer Zugangs-“Lichtung“ führt. Ein leicht abgesenktes Plateau mit den Terrassenflächen des Restaurants passierend gelangt man tangential in das Gebäudeinnere. Hier steht man auf einer Verteilerfläche, vor dem Anlaufpult, in einer Halle, und kann den Blick über die Donau und die Stadt Linz schweifen lassen. Ebenso erreicht man die Eingangshalle über einen Eingang von der Hagenstraße her an der Nordseite, wie auch über die großzügige Freiterrasse an der Ostseite des Objektes. Von hier aus erschließt sich das Gebäude in alle Richtungen. Abendliches Publikum gelangt ein Geschoß tiefer in die Veranstaltungsebene, die über einen großzügigen Luftraum bereits spürbar ist. Studierende und Lehrende begeben sich jedoch hinauf in die oberen Ebenen, in denen sich die Unterrichtsräumlichkeiten der 12 Abteilungen befinden. Die Bibliothek, die Übezellen – welche auch extern begehbar sind – und die Verwaltung sind ebenfalls auf kürzestem Wege an das Verteilerfoyer angebunden. Über das organische Vernetzungsgeflecht sind die einzelnen Bereiche wie auch die einzelnen Räume vielfach aneinander angebunden. Die großzügigen Lufträume gestatten Blickbeziehungen in jede Richtung. Überhaupt soll der Erschließungsraum als die Kommunikationszone betrachtet werden, die auch den öffentlichen Charakter einer Universität unterstreicht.
Dieses offene Forum steht der Abgeschlossenheit und Intimität der Einzelräume für den konzentrierten Unterricht gegenüber.
Materialkonzept
Konstruktiv ist das Objekt – wie auch in der detaillierten Beschreibung des Tragwerkes angeführt – in Stahlbetonbauweise vorgesehen. Wirtschaftlichkeit der Herstellung und bauphysikalische Eigenschaften sind die maßgeblichen Gründe für diese Wahl. Die sichtbare innere Struktur wird mit gespachtelten Oberflächen und Beschichtung versehen. Die Fassade ist in den geschlossenen Bereichen als hinterlüftete Fassade mit dunkel emaillierten Glastafeln vorgesehen. Im öffentlichen Innenbereich ist ein warmes Licht- und Farbkonzept angedacht. Wände und Böden sind zur Gänze mit Holzoberflächen versehen. Einerseits bestimmen diese die angesprochene Raumatmosphäre, andererseits bilden sie auch den ruhigen Hintergrund für das skulpturale Raumgeflecht.
Freiraumkonzept
Das Freiraumkonzept nimmt Anleihe in der Epoche der Romantik, die sich auf verschiedene Metaphern aus der Natur bezieht. So wird dort der Wald als kontemplativ und introvertiert, als dunkel und mystisch betrachtet, die Erkenntnis ist das Licht. Das Thema dunkel/hell, dicht/licht spielt im Entwurfsansatz eine wesentliche Rolle. Man wird von den Lichtungen geleitet, die quasi als szenische Topoi zu betrachten sind. Ausformuliert wird dies im Bepflanzungsvorschlag, der eine Zonierung von der Unordnung des Parks zur Ordnung in den gebäudenahen Bereichen vorsieht. Aus Wald wird Hain, aus Hain wird Allee. Die Anordndung der Bepflanzung nimmt verschiedene Richtungen auf. Es entstehen dadurch Finger, die teils ins Gebäude, teils in den Park weisen. Schon direkt beim Betreten des Grundstücks gibt es diese Wahlmöglichkeiten. Zugleich ist bereits beim Betreten des Grundstücks eine Art Introduktion des gesamten Themas, des Waldthemas, angedacht. Hier bezieht man sich auf Parallelen in der Komposition, in der ein kurzer Instrumentalsatz oft einem Hauptsatz vorangeht.