Home Made
Wien, Österreich
- Architekten
- Caramel Architekten
- Standort
- Pfeiffergasse, Wien, Österreich
- Jahr
- 2016
- Bauherrschaft
- Caritas
- Objekt
- Leeres Bürogebäude aus den 90er Jahren, Wien 1150
- Fläche
- 3700 m²
- Nutzung zu Projektbeginn
- Notquartier für 280 Asylwerber_innen, v.a. Familien
- Zahlenstärkste Herkunftsländer
- Syrien, Afghanistan, Iran
- Projektzeitraum
- Nov15- Jan16
„Home made“
Teil des österreichischen Beitrags zur Architekturbiennale Venedig 2016
Für 280 Flüchtende wurde in einem vorübergehend leerstehenden Grossraumbürogebäude mit Materialkosten von 50 € pro Person und einer Aufbauzeit von 50 Minuten pro Person individuell aneigenbare Privatsphäre geschaffen. Aus den günstigen ready-made Produkten Sonnenschirm, Bauzaunständer, Elektroleerrohren, steckbaren Kunststoffwasserrohren,
Vorhangstoff, Kabelbindern, Klemmleuchte und Verlängerungssteckdose entwickelten Caramel Architekten eine prototypische Raumstruktur, deren Aufbau den Flüchtenden vor Ort vorgestellt wurde. Direkt im Anschluss daran nahmen die Kinder, Frauen und Männer die Raumstruktur zum Probewohnen in Besitz und begannen mit den bereitgestellten Nähmaschinen erste Stoffbahnen zu Vorhängen umzunähen. In gemeinschaftlicher Arbeit wurde dann ein Grossraum nach dem anderen von einem offenen Matratzenlager zu Wohnungen mit individuell an die jeweilige Bewohnerkonstellation angepassten Raumstrukturen aufgebaut ( Kleinfamilie, Grossfamilie, Wohngemeinschaft).
Individueller Benefit für die einzelnen BewohnerInnen:
Erster persönlicher Rückzugsbereich nach Monaten auf der Flucht und der Unterbringung in Massenlagern. Selbstgewählte Grundrissgestaltung des eigenen Wohnumfeldes. Individuelle Lichtatmosphäre durch die eigene Klemmleuchte und die räumliche Abschirmung gegen die Bürorasterleuchten der Bestandsdecke.
Privater Medienanschluss an der Verlängerungssteckdose. Individuelle Möblierungsmöglichkeit durch Annähen von Regaltaschen und Mustern an den
Vorhängen und Fixierung von Boxen und Töpfen am Schirmständer. Sinnstiftende Arbeit beim gemeinschaftlichen Aufbau der Raumstrukturen. Mitnahme der individuell gestalteten Textilmöbel in eine später ev. vorhandene Wohnung.
Benefit für alle:
Aus der Sicherheit des privaten Rückzugsbereichs heraus entsteht wieder der Wunsch und die Bereitschaft sich in die Gemeinschaft einzubringen. Mit dem Kow-how der Errichtung der anpassbaren, textilen Raumstruktur werden derzeit gemeinsam die Gemeinschaftsräume Mensa, Kinderspielplatz, Seminarbereich, Vorplatz und Gemüsegarten errichtet. Der Vorplatz und der Gemüsegarten verknüpfen das Haus und seine BewohnerInnen mit der Stadtumgebung, da beide Bereiche auch von den Nachbarn genutzt werden. Externe Projektbeteiligte haben das Raumsystem bereits in Ihre eigenen Wohnungen als Raumteiler transferiert. Der Besitzer des Bürohauses kann dieses nach Wegfall des Wohnbedarfes wieder vermieten, da alle Einbauten ohne Veränderung des Baubestandes errichtet wurden oder die temporäre Nutzung als Vorbild für eine alternative, besser vermietbare Wohnnutzung übernehmen. Durch eine Analyse der von den BewohnerInnen selbstentwickelten Wohnungsgrundrisse und die Anforderung an ein zukünftig für Wohn- und Bürozwecke geeignetes Gebäude können neue multifunktionale Gebäude entstehen, die von den BenutzerInnen indviduell angeeignet werden und nicht als Leerstände wertvollen Stadtraum verschwenden.
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