Theater Reutlingen - Die Tonne

Reutlingen, Deutschland
Foto © Stefan Merkel
Foto © Christian Richters
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Bild © Christian Richters
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Architekten
habermann.decker.architekten
Standort
Jahnstraße 6, 72762 Reutlingen, Deutschland
Jahr
2018
Bauherrschaft
Stadt Reutlingen
Wettbewerb
2013, 1. Preis
Bruttogeschossfläche
2.964 m2

Das Theater „Die Tonne“ wurde 1958 im Keller einer Villa in Reutlingen gegründet und 1980 in Gewölberäume des Spitalhofkellers verlagert. Parallel wurden Räume einer ehemaligen Trikotagenfabrik genutzt. Alle Spielorte hatten eine starke räumliche Dominanz und verhinderten dadurch ein nie intendiertes Abgleiten ins große Kulissentheater, sondern förderten stets das Experiment in Interaktion mit dem Spielraum. Das Theater „Die Tonne“ ist mit seinem mittlerweile 60-jährigen Wirken das Stadttheater von Reutlingen, ohne deshalb stadttheaterähnliche Strukturen aufzuweisen.

Der im Jahr 2018 fertiggestellte Neubau für das Theater „Die Tonne“ liegt in fußläufiger Entfernung nördlich der Altstadt in erhöhter Hanglage mit Blick über die Stadt und baut auf dieser Tradition des experimentellen Theaters auf.

Neben den im Hinterbühnenbereich angeordneten notwendigen Künstlergarderoben, Lager- und Werkstatträumen, dem Fundus, der Requisite und Verwaltung bilden zwei Theatersäle das für das Publikum erlebbare Herz des Hauses.

Beide Säle sind als gut proportionierte, schwarze Boxen ausgebildet, die vielfältig uminterpretierbar sind, um einen hoch flexiblen Spielraum zu erhalten. Im Gegensatz zu einer Guckkastenbühne, die eine Trennung in Bühne und Zuschauerraum vorsieht, befinden sich hier die Akteure und das Publikum im gleichen Raum.

Der größere Saal hat eine Kapazität von 200 Personen. Dabei sind alle erdenklichen Publikums-/Akteursbeziehungen möglich. Es gibt keine feste Bestuhlungs- oder Bühnenanordnung. Von einer klassischen Anordnung mit Zuschauertribüne über eine Möblierung mit Kaffeehaus-Tischen bis hin zum völlig leergeräumten Saal können räumliche Szenarien mithilfe mobiler Elemente schnell verändert werden. Die Auftritte der Schauspieler erfolgen je nach Bespielungsrichtung durch unterschiedliche Türen und aus allen Richtungen unbemerkt vom Publikum vom Hinterbühnenbereich.

Die im Inneren unterschiedlich notwenigen Raumhöhen prägen auch die äußere Geometrie des Theaters und führen zu einer wiedererkennbaren skulpturalen Ausformung mit zwei prägnanten Einschnitten, dem überdachten Haupteingang und der großen, vom Foyer zugänglichen, Stadtloggia mit Blick zur historischen Altstadt.

Die Art der Fassadenausbildung beim Theater „Die Tonne“ ist vielfach interpretierbar.

So erinnert die umlaufende Faltung der Fassade an Theatervorhänge und signalisiert, dass hier das gesamte Haus eine bespielbare Bühne ist. Durch die spiegelnde Ausbildung der Fassade wird der umgebende, hochwertige Grünraum mit seinen sich in den Jahreszeiten wandelnden Farbwelten zum Gestaltungselement des Theaters. Gleiches gilt für die benachbarte, zum Teil wertvolle historische Bebauung mit ihren Fassadenfarben und Materialien. Als Spiegel der Gesellschaft öffnet das Theater so auch baulich neue Blickwinkel und durch die Faltung entsteht ein neu zusammengesetztes, verdichtetes und sich je nach Blickwinkel veränderndes Bild der Umwelt.

Im Gegensatz zur artifiziellen und beinahe entmaterialisierten Hülle werden die Innenwelten des Theaters durch eine robuste, unverkleidete Materialität aus Beton geprägt. Dies auch als Reminiszenz an die raffe Gestalt der zuvor genutzten Spielstätten des Theaters. Hier bestimmen die Künstler und Nutzer das Bild, die das Haus frei und flexibel bespielen können.

Ein experimentelles Theater : ein Theater als Experiment

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