UP!

Berlin, Deutschland
UP! BERLIN
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Design Concept
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Architekten
Jasper Architects
Standort
Koppenstraße 8, 10243 Berlin, Deutschland
Jahr
2021
Bauherrschaft
Signa Holding
Team
Martin Jasper, Dennis Trutty, Sara Staschiok, Simon Lindenberg, Joerg Westphal, Astrid Pudszuhn, Lene Nettelbeck, Tobias Becker, Alexander Mendelsohn, Henry Pudewill, Georg Gewers, Andrey Yordanov, Andre Flaskamp, Nabil Rajjoub, Santiago Flagel
General Planning and Building Planning
Jasper Architects und Gewers Pudewill
Tragwerksplanung, Fassadenplanung
Bollinger und Grohmann
TGA
Ingenieurgesellschaft Meinhardt Fulst
Landschaftsplanung
YEWO Landscapes
Interior Concepts Zalando
Studio Aisslinger
Bauphysik
Müller BBM
Brandschutz
hhpberlin
Lichtkonzept
Licht Kunst Licht AG
Fläche
67.000 m2

Es war einmal ein Centrum: Martin Jasper und sein Team von Jasper Architects haben mit ihrem Entwurf 2016 den Wettbewerb zur Verwandlung einer in die Jahre gekommenen Kaufhaus-Ikone zu einen modernen Ort für Arbeit und Retail gewonnen.

Unter dem Namen UP! legt das Projekt die Vergangenheit der Substanz offen und verschreibt sich mit einer Gebäudehülle aus Glas der Zukunft. Dafür wurde der geschlossene Kubus erst entkernt, um dann über Subtraktionen im Volumen helle Räume für neue Aufgaben zu schaffen.

Neben den keilförmigen, terrassierten Einschnitten in die Fassaden bringen zwei zusätzliche Geschosse und eine Dachterrasse viel Licht und Luft in den Büroalltag.

„Als ein Büro, das unter anderem viel in Argentinien arbeitet, war uns die Dimension des UP! nur allzu vertraut: Der Bestandsbau wirkte wie ein monolithisch extrudierter Stadtblock in Buenos Aires. Die basieren auf einem Rastermaß von etwa 100 mal 100 Metern – und stellen die Architekten immer wieder vor die Herausforderung: Wie wird die natürliche Belichtung der Gebäude im Inneren des Blocks gestaltet? Es werden dann Einschnitte in die urbane Masse vorgenommen oder einzelne Areale des Grundstücks freigelassen. Städtebauliche Regularien verschiedener Zeiten überlagern sich – und erzeugen dadurch komplexe urbane Geometrien, die immer aus derselben quadratischen Grundfläche erwachsen. Für uns war diese Problematik eine Inspiration, die wir in Berlin und mit dem Eingriff in den Bestand weitergedacht haben – und die mit einer internationalen Referenz auf ein ganz spezifisches Problem antwortet.“ (Martin Jasper)

HISTORIE
1979 wurde das Friedrichshainer Warenhaus mit orange-türkisenen Fassaden-Pixeln als damals größtes und modernstes Haus der DDR-Kette Centrum eröffnet. Zu seiner Bedeutung trug die Lage bei: Der „Hauptbahnhof der Hauptstadt der DDR“, der heutige Berliner Ostbahnhof, lag fußläufig. Seither hat der Gebäudekoloss mit seinem Betonskelett einige Reformen erlebt. Nach der Wende hing vorerst der Hertie-Schriftzug an der Gebäudehülle, dann der des Kaufhofs. Aber die Konkurrenz des Internets und der solitäre Standort sorgten langfristig für eine finanziell schwierige Lage des Kaufhauses, 2017 führten sie zur endgültigen Schließung. Für den prägnanten Bau und seine 45.000 Quadratmeter musste ein zeitgenössisches Nutzungskonzept und eine strukturelle Konversion entwickelt werden. Die neuen Mieter: Das Internet-Modehaus Zalando.

ENTWURF
Nach dem Erwerb durch das österreichische Immobilienunternehmen Signa Holding gewann das Büro Jasper Architects den von Signa Holding ausgelobten Wettbewerb zur Umplanung des Gebäudes. Unter Einbeziehung des Bestandes haben die Gestalter das Gebäude konsequent transformiert. Das alte Warenhaus funktionierte ohne Öffnungen nach außen als ein nach innen gerichtetes Konzept, die neue Nutzung als Ort der Arbeit und des Einzelhandels forderte eine Umkehrung des Prinzips. Dabei war eine große Herausforderungen die Tageslicht-Situation. Aus den 80 Metern Kantenlänge ergab sich eine Grundfläche von 6400 Quadratmetern und die Aufgabe, natürliches Licht bis in den Gebäudekern zu leiten. Selbst in zentralen Bereichen sollten qualitativ wertvolle Büroflächen geschaffen werden. Jasper Architects suchte nach einer Alternative zu zentral positionierten Lichthöfen, die die Fläche in einen quadratischen Rundgang verwandelt hätte und entwickelte das Konzept der Voids: Keilförmig wurde an jeder Front eine Schlucht geschlagen, die sich nach oben in Terrassen weitet. Dadurch vergrößert sich die Außenfläche der Fassade um mehr als ein Drittel. Der Innenraum strukturiert sich durch diese Maßnahme zu einem X; auf jeder Etage ergeben sich vier, um einen inneren Kern angeordnete Flächen. Als besondere Qualität entstehen entlang der Leerräume verschieden große Terrassen. Was dem Gebäude seitlich an Geschossfläche entzogen wurde, wird oben aufgesetzt: Der Bestand wird durch zwei zusätzliche Stockwerke und einen Dachpavillon mit angeschlossenen Freiflächen ergänzt.

PLANUNG UND UMBAU
SIGNA beauftragte dann JASPER ARCHITECTS in Arbeitsgemeinschaft mit dem lokalen Berliner Büro Gewers Pudewill mit der Umplanung. Für die Modernisierung wurde die komplette Fassade abgetragen und der Block auf sein Stahlbeton-Skelett zurückgebaut. Mit einer Kreissäge schnitt man dann in jedem Geschoss die für das neue Volumen überflüssigen Areale heraus. Übrig blieb eine weite Fläche mit einem regelmäßigen Raster aus Betonstützen, die alle zwölf Meter den Grundriss rhythmisch unterteilen, sowie vier Erschließungskerne. Freigelegt wurde auch die Geschichte des Gebäudes. Sie hat ihre fleckigen Reminiszenzen auf dem nackten Beton hinterlassen, vergangene Installationen, ein paar Bohrungen und rostige Spuren. Der raue, industrielle Charme ist eine Qualität des Gebäudes – und wird zur Leinwand für die neue Zeit. Um die imposante Geschosshöhe von 5,40 und die prägnante Rippenstruktur der Decke ästhetisch und funktional zu nutzen, sind alle notwendigen Installationen sichtbar montiert. Die weißen Akustikelemente mit integrierten Brandschutzsprinklern bilden ein schwebendes Raster und einen semitransparenten Raumhimmel. Lüftung, Kabel, Rohre, Schienen – die Funktionsadern des Hauses bleiben dahinter sichtbar.

Die Fassade setzt sich aus zwei Modultypen zusammen, einem vollverglasten und einem geschlossenen Element. Umlaufend sind sie im Verhältnis drei zu eins verbaut, innerhalb der Voids wurden nur Glasflächen eingesetzt, in die zusätzlich die Zugänge zu den Terrassen integriert sind. Der Blick ins Gebäude ist so spektakulär wie der Ausblick. Den Passanten offenbart sich hinter der gläsernen Hülle das alte Warenhaus-Skelett und von den Schreibtischen ist die städtebauliche Umgebung als Voll-Panorama zu erleben. Um die zusammenhängende Fläche mit ihren vier Auskragungen sinnvoll zu unterteilen, wurden sowohl abgeschlossene Raumboxen integriert, als auch opake Wände aus Glasriegeln. Die Böden übernehmen anteilig die Zonierung. Ihre Farbflächen definieren ohne physische Grenzen Funktionsareale und räumliche Inseln. Die abgeschlossenen Kuben, die als Besprechungszimmer und ruhige Arbeitszonen dienen, sind mit Teppich ausgelegt, der sich aber ohne farbliche Brüche monochrom an den Kautschuk-Boden anschließt.

NUTZUNGSKONZEPT
Das Erdgeschoss, das in Warenhaus-Zeiten als Laubengang gestaltet war, wurde mit der Modernisierung auf eine Ebene mit der Fassade gebracht. Frontal ist die Lobby für die darüber liegenden Büros untergebracht, für alle anderen ebenerdigen Flächen ist eine Nutzung durch Shops, Supermärkte und Cafés vorgesehen. Sie werden sowohl zur lokalen Infrastruktur für die Büromitarbeiter, aber auch zur Anlaufstelle für die Bewohner und Nutzer der umliegenden Wohn- und Geschäftsgebäude. Die Retailflächen orientieren sich öffentlich wirksam zu allen vier Seiten und beleben das Gebäude rundherum, ohne dass eine stille Fassade entsteht. Rückseitig wurde eine PKW-Einfahrt eingebettet, die Fahrzeuge über einen Aufzug in eine Tiefgarage mit 100 Stellplätzen transportiert. Hauptmieter der Büroflächen ist die Online-Modekette Zalando, die ihren Mietvertrag schon mit Beginn der Umbaumaßnahmen abgeschlossen hatte. Für Zalando ist der Standort die sinnvolle Ergänzung zum naheliegenden Zalando-Campus an der East Side Gallery.

VOM BÜRO ZUM INTELLIGENTEN WORKSPACE
Als das Büro Jasper Architectsmit der Planung des Gebäudes begann, waren die jüngsten Entwicklungen der Bürokultur in ihrer Tragweite nicht absehbar. Trotzdem ist das Projekt UP! auch eine Antizipation. Die Pandemie hat eine Entwicklung auf Fast Forward gesetzt, die in der Vergangenheit zwar dynamisch, aber in kalkulierbarem Tempo fortschritt. Dann gab die kurzfristige Auflösung des Büros im Home Office der Digitalisierung nachdrücklich Vorschub und hat uns offenbart, wofür wir einen physischen Ort der Arbeit tatsächlich brauchen: Den zwischenmenschlichen und interdisziplinären Austausch. Das Büro, an das wir zurückkehren, muss mehr bieten als Schreibtischflächen. Es braucht kommunikative Inseln, stille Räume und kollaborative Energiezentren. Es muss auf seine Nutzer antworten und sich durch sein Arbeitssetting schnell und unkompliziert auf wandelnde Bedürfnisse einstellen. Es ist ein Ort, der aktiv genutzt, nicht passiv konsumiert wird. In den offenen und hellen Flächen des UP! stehen schallisolierte Raumboxen für den Rückzug. Kaffeeküchen gehören so selbstverständlich zur Infrastruktur wie die Waschräume. Jeder Mitarbeiter ist stets nur wenige Schritte vom nächsten Balkon entfernt und die grüne Dachlandschaft ist eine Aufzugfahrt entfernt. Das Büro wird zum Dienstleister, der dank eines intelligenten Gebäudemanagements auch Temperatur, Helligkeit und Luftfeuchtigkeit regelt.

NACHHALTIGKEIT
Beton belastet das Klima, weil bei seiner Herstellung jede Menge CO2 freigesetzt wird. Wo möglich sollte deshalb der zementbasierte Neubau vermieden und der Bestand umgenutzt werden. Das Konzept des UP! fußt auf der Erhaltung des Beton-Tragewerks und ist damit in Bezug auf seinen CO2-Footprint vergleichbar dimensionierten Neubauten weit voraus. Die guten Voraussetzungen wurden konsequent auch in Bezug auf die Gebäudeausstattung fortgeführt. Das still und konstant schlagende Herz des Gebäudes ist seine moderne Technologie, die nachhaltig und automatisch agiert. Denn wo viel Licht hereingelassen wird, muss Wärmeeinstrahlung herausgehalten werden. Sowohl die Beleuchtung, als auch der innenliegende Blendschutz werden dank einer eigenen Wetterstation abhängig von Innen- und Aussentemperatur sowie des Sonnenstandes geregelt. Dabei werden einige ausgewählte Betonsäulen zur Steuerungsstation, an der die Nutzer über einen Touchscreen individuell in die programmierten Prozesse eingreifen können. Auf dem Dach ist ein Rückkühlwerk installiert, das gemeinsam mit Wärmetauschern im Abwasserkanal zu einer eigenen Energiezentrale wird. Damit zählt das UP! zu einem der nachhaltigsten Gebäude Berlins – und hat sich als solches bewiesen: mit der Zertifizierung nach LEED Gold für ökologisch nachhaltiges Bauen.

Dazugehörige Projekte

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